Dort können auch die neuen Peter Kreuder-Broschüren für Theater und Symphonieorchester angefordert werden.
Chronik "Schön war die Zeit": 1937
Und als 1938 das Jazz- und Hotverbot allmählich um sich griff, blieb Kreuder davon unberührt. Ein Artikel im Freiberger Anzeiger vom 23. März 1938 beschreibt das offengebliebene Hintertürchen: „Peter Kreuder schuf eine Art von Jazz-Kammermusikstil: Das Klavier als Soloinstrument, begleitet von Gitarre, Zupf-Baß und Schlagzeug mit kleiner Trommel und verschieden abgetönten Becken, die alle nur hauchzart mit der ‚Drahtbürste’ gestrichen werden. Das ist ein Beispiel für die Verfeinerung, ja Idealisierung des Rhythmus – himmelweit entfernt von den Schlagzeug-Orgien der Nachkriegszeit – und bezeichnend für die künstlerische Vervollkommnung der heutigen Tanzmusik. Peter Kreuder ist so gefragt, dass er sich für die nächsten beiden Filme Anfang 1937 etwas leisten kann, was durchaus unüblich ist in einer Zeit, in der auf originale Filmschlager Wert gelegt wird. In „Weiße Sklaven“ bringt er (neben Beckmanns ‚Was du mir erzählt hast von Liebe und Treu’) das Negri-Keller-Chanson ‚Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt’ von 1935 unter, in „Frauenliebe – Frauenleid“ den Keller–Hit aus dem gleichen Jahr ‚Es kann zwischen heute und morgen’.
Inzwischen ist er derartig überarbeitet, dass er sich einen Mitarbeiter zugelegt hat – Friedrich Schröder, der in „Weiße Sklaven“ erstmals als Co-Komponist zeichnet. Gleich darauf kriegt Schröder seine große Chance. „Sieben Ohrfeigen, das ist nichts für mich“ sagt Kreuder, „das ist reine Untermalungsmusik. Das soll der Friedl machen!“ Und der komponiert für Lilian Harvey und Willy Fritsch „Ich tanze mit dir in den Himmel hinein“.
Zwischen seinen Tourneen schüttelt Peter Kreuder weiter die künftigen Evergreens nur so aus dem Ärmel – für „Capriolen“ und Gustaf Gründgens (10. August 1937) das Titellied für „Serenade“ von Willi Forst (26. November 1937) ‚Schön war die Zeit’.
Nach dem Erfolg der „Bettelstudent“–Neuverfilmung ist die UFA sicher, dass sie mit Marika Rökk und Johannes Heesters das neue Traumpaar gefunden hat. Und Kreuder schreibt mit Schröder (nach Carl Millöcker) in „Gasparone“ (17.Dezember 1937) für sie ‚Du hast mich noch nie so geküßt’, ‚Ja, die Frauen sind gefährlich’‚ ‚Einmal von Herzen verliebt sein’. Regie führt Georg Jacoby, der die temperamentvolle Ungarin privat und künstlerisch gebändigt hat. Er hält Kreuder für die nächsten drei Jahre als Hit-Schreiber für Marika.
Zurück nach München, das im nächsten Jahr für Peter Kreuder wieder einmal Schicksalsstadt sein wird. Am 3. Dezember 1937 ist in den Münchner Neuesten Nachrichten „Peter Kreuder mit seinen Solisten und der Vortragskünstlerin Greta Keller“ annonciert (in eben jenem Odeon, in dem er 1932 seine Hottentotten-Kritik abbekam). Weihnachtspremiere im UFA-Palast in der Sonnenstraße ist „Gasparone“. (‚Schenken Sie Freude – schenken Sie Eintrittskarten für unsere Festprogramme’ steht in der überdimensionalen Annonce. So sehr drängeln sich die Spitzen-Produktionen, dass bereits Silvester Zarah Leanders ‚La Habanera’ den ‚Gasparone’ im Erstaufführungskino ablöst.
Ein paar Monate später ist Peter Kreuder plötzlich Musikdirektor am Gärtnerplatztheater, dessen Intendanz Fritz Fischer übernommen hat. Kreuders zweite Frau Gertraud stammt aus der Kathreiner-Dynastie, ist mit der Frau von Gauleiter Wagner befreundet (der seinen ganzen Ehrgeiz in den Glanz des Münchner Theaterlebens setzt) und möchte ihren ewig aushäusigen Ehemann wieder an den heimischen Herd fesseln. Unwahrscheinlich, dass der quirlige Kreuder sehr erbaut war von der Ehre ...
Vorher komponiert er noch (mit Schröder) die Lieder für den nächsten Rökk-Jacoby-Film „Eine Nacht im Mai“: ‚Eine Insel aus Träumen geboren’, die Anfangs-Revue-Nummer mit weiblichen Matrosen ‚Land in Sicht’ und das Titellied ‚In einer Nacht im Mai’. Marika Rökk hat einen C-dur-Tick und glaubt, dass sie in keiner anderen Tonart singen kann. Bei den Musikaufnahmen zum Titellied stellt sie auch sofort fest: „Das ist nicht meine Tonart!“. Klar, Des-dur, ein halber Ton höher. Kreuder beruhigt sie, sagt „Geh jetzt in die Kantine, wir werden das transponieren!“ Nur Psychologie, denn C-dur brächte nicht die richtige Atmosphäre. Als sie zurückkommt, ist also alles beim alten. Sie beginnt und atmet befriedigt durch: „Jetzt ist es gut!“ Kreuder in seiner Erinnerung: „Wie ein Kind, aber zauberhaft!“.