Dort können auch die neuen Peter Kreuder-Broschüren für Theater und Symphonieorchester angefordert werden.
Chronik "Schön war die Zeit": 1930 - 1934
Zurück ins Jahr 1930. Wie vielseitig Kreativität in jenen Jahren war, davon kann man in unserer Zeit der Spezialisierung nur neidvoll träumen. Bei Peter Kreuder kommt noch seine rastlose Neugier dazu – am liebsten möchte er überall gleichzeitig sein, avanciert zum musikalischen Leiter der Reinhardt-Bühnen von 1930 und schreibt und dirigiert die Bühnenmusik zu Fritz von Unruhs gesellschaftskritischem Revue-Stück „Phäa“, das Reinhardt zu seinem eigenen Berliner Direktions-Jubiläum in einer glanzvollen Besetzung mit seinen gegenwärtigen und ehemaligen Stars inszeniert. Heinz Greul in „Bretter, die die Welt bedeuten“: ‚Der Stoff galt, reichlich verquollen, der entmenschlichten Macht der aufsteigenden Tonfilmindustrie. Nur die Besetzung verhinderte den Durchfall.’ Die Chansons schreibt Friedrich Hollaender – für Grete Mosheim und für Kurt Bois, der im Stepschritt singt: ‚Ich mache alles mit den Beinen, alles mit den Beinen...’ Bois kreiert auch den ersten Kreuder-Schlager mit einem Text von Fritz Grünbaum, einem der letzten Blödeltexte zum Ausklang der turbulenten Zwanziger: „Kennen Sie den kleinen Wolf aus Olmütz mit der grünen Breeches-Unterwollmütz?“
1930
Am 25. Januar 1931 hat mit Kreuders Bühnenmusik und unter seiner musikalischen Leitung in der Volksbühne am Bülowplatz („Die Kunst dem Volke“) Shakespeares „Wintermärchen“ Premiere. Den Leontes spielt Ernst Busch. Die Anweisungen auf dem Programmzettel zeigen, dass auch sozialistische Kunst preussischen Drill hat: „Das eigenmächtige Besetzen leerstehender Plätze ist untersagt.“ Also doch Klassentheater?
Und dann wirft sich Peter Kreuder, unbekümmert um die Warnungen, die Unruhs bereits angesäuerter Expressionismus gegen die „entmenschlichte Tonfilmindustrie“ ausgestoßen hat, auf ebendieselbe. Am 21.12.1931 hat der erste Film mit Kreuder-Musik Premiere: „Kadetten (Hinter den roten Mauern von Lichterfelde)“ in der Regie von Georg Jacoby, mit dem Peter Kreuder ein paar Jahre später einige seiner größten Erfolge haben wird.
Aus den Berliner Studios geht’s wieder einmal nach München zu „Peter Voß, der Millionendieb“ mit Willi Forst – gleich die zweite Begegnung, die Peter Kreuder bald unvergänglichen Filmruhm einbringen wird. Premiere ist am 23. März 1932, einen Tag später startet in der Regie von Franz Seitz „Wenn dem Esel zu wohl ist“ mit Weiß Ferdl.
Doch die gedrängte Filmarbeit dieser Monate kann den 26jährigen Kreuder nicht auslasten. Er trommelt ein Orchester zusammen, geht auf Tournee und erntet im ‚Völkischen Beobachter’ nach einem Konzert am 4. März 1932 unter der Überschrift „Ein Jazz-Rummel in München“ eine ideologisch vernichtende Kritik: „Daß es ... in Deutschland und hier in München möglich ist, zu einem Jazz-Konzert in hellen Scharen in die Tonhalle zu rennen, ist ein Tiefstand in der Kultur, der nun wohl am untersten Pol angelangt sein dürfte. ... Der Dirigent Moritz Kreuder ... möge sich doch gleich nach Afrika begeben, seine Künste dort zeigen, es würde sich aber sicher kein Hottentottfinden, ihn dort zu halten.“
Keine sehr hoffnungsvolle Prognose für die Zeit nach der ‚Machtübernahme’ – und doch wird der spezifische Kreuder-Stil bis ins Jahr 1940 hinein nicht nur die „Kunstbetrachter“ zu euphemistischen Verrenkungen aller Art über den „Jazz“ veranlassen.
1931
Peter Kreuder lässt sich nicht irremachen, tanzt weiter auf möglichst vielen Hochzeiten, macht in München weiter Filmmusiken – und verwandelt sich dabei kurzfristig in einen musikalischen Luis Trenker. „Der goldene Gletscher“ (Regie: August Kern) hat am 22. Dezember 1932 Premiere, „Die weiße Majestät“ (18. Januar 1934, Regie: Anton Kutter) wird in Venedig als bester Bergfilm ausgezeichnet. Daneben wird er musikalischer Leiter der Münchner Kammerspiele Otto Falckenbergs und ist gleich mit seiner ersten Bühnenmusik für Richard Billingers „Goldene Pfennige“ am 13. Januar 1934 bei einer gefährlich provokanten Unternehmung dabei. Der Rezensent der den Nazis angepaßten Münchner Neuesten Nachrichten schreibt eine Hasstirade über Billinger und die gratwandelnden Kammerspiele. Am 31. Oktober bringt Falckenberg die „Räuber“ heraus. Wolfgang Petzet, der Chronist der Kammerspiele, schreibt dazu in seinem Buch ‚Theater’: „Von der Verfälschung Schillers im 19. Jahrhundert, vom falschen Schul- und Hoftheaterpathos fühlten sich die Nazis besonders angezogen. Eine zu den echten ethischen und revolutionären Ursprüngen zurückgehende Interpretation war eine Entlarvung solcher Pervertierung. Falckenbergs „Räuber“-Inszenierung hatte ausgesprochen expressive und romantische Sturm- und Drangelemente. Die Lieder der Amalia waren nicht gestrichen ..., und Peter Kreuder schrieb auf der Probebühne mit dem ihm eigenen stilistischen Einfühlungsvermögen neue Melodien dazu.“